„Der Krieg ist verloren“, so beginnt ein Artikel in der
Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 8. März 2012. Die Rede ist vom Krieg in
Afghanistan: „Niemand möchte es offen
aussprechen – aber der Westen kann einen Krieg gegen religiöse Fanatiker nicht
gewinnen.“ Die liberale Zeitung steht in der Außenpolitik auf der Seite der
Amerikaner. Sie gibt nur ungern eine solche Niederlage zu. Doch um die Wahrheit
kommt keiner mehr herum.
Die Amerikaner ziehen in aller Stille ab |
Noch einmal: „Der Westen kann einen Krieg gegen religiöse Fanatiker nicht gewinnen.“
Die Niederlage ist also nicht zufällig. Sie folgt einem Prinzip. Der Westen hat
zwar Geld und Waffen, aber keine geistigen Ressourcen mehr, die dem Gegner
gewachsen sind. „Die Illusion des Westens“,
so die Zeitung weiter, „bestand in seinem
naiven Materialismus.“
Das galt auch schon für den
früheren Gegner der afghanischen Taliban, die Sowjetunion: „Nicht anders ist es seinerzeit den Russen
ergangen.“ Es ist schon bemerkenswert, wie die einstigen Erzfeinde USA und
Sowjetunion jetzt in die gleiche Reihe gestellt werden: „Die Besatzungsmacht“, so heißt es von den Sowjets, „fördert die Modernisierung, sucht ein
weltliches (damals kommunistisches) Regime zu stützen – und die Bevölkerung
reagiert mit erbitterten Widerstand.“ Vor dem Hintergrund der islamischen
Bedrohung erscheinen Rußland und Amerika wie Verbündete. Zuletzt waren sie das
im Zweiten Weltkrieg gegen Nazi-Deutschland. BEIDE RICHTEN SICH ALS MODERNISTEN UND HUMANISTEN GEGEN EINE ZIVILISATIONSFEINDLICHE MACHT. Es ist unübersehbar,
daß sich hier eine Konstellation wiederholt. Der Islam erscheint als
PLATZHALTER einer Bewegung, die vor 70 Jahren scheinbar verschwunden ist und
sich mit verfremdetem Antlitz wieder erhoben hat. Entsprechend stellt Ernst
Nolte in seinem Buch „Widerstand“ den Nationalsozialismus und den Islamismus
als Widerstandsbewegungen gegen die Moderne dar. Nolte hält allerdings auch den
Kommunismus für eine solche „Widerstandsbewegung“. Das ist falsch. Der
Kommunismus ist der schärfste Ausdruck des Fortschrittswillens. Diese Spitze
ist bereits abgebrochen.
Es stellt sich nun die Frage, ob
Deutschland seinen Krieg gegen die Russen und Amerikaner noch hätte gewinnen
können durch einen Widerstand, der – ähnlich wie in Afghanistan – in einem
militanten Rückzug auf den eigenen Glauben und die eigene Identität bestanden
hätte. Das Prinzip WERWOLF also. Nichts anderes praktizieren die Taliban-Kämpfer, die sich selbstmörderisch der „einzigen Weltmacht“ entgegenstellen. Und sie
haben gesiegt. Nicht nur im Fall Afghanistan: Seit Vietnam scheitern die Amerikaner
immer öfter an dieser Werwolf-Mentalität. „Der
Westen kann einen Krieg gegen religiöse Fanatiker nicht gewinnen.“ Was aber
sind „religiöse Fanatiker“? Es sind Leute, denen ein Menschenleben einschließlich
des eigenen wenig gilt. Insofern waren auch die Nationalsozialisten „religiöse
Fanatiker“. Hätten wir den Krieg noch gewinnen können?
So sehen die "Werwölfe" heute aus |
Original-Werwölfe (ohne Echtheitsgarantie) |
Nein. Denn damals standen USA und
Sowjetunion viel besser da als gegen Ende des Jahrhunderts. Beide Systeme
besaßen den GLAUBEN an sich und die eigene historische MISSION, sie waren noch
optimistisch und innerlich stark. Die vom Westen und vom Osten vertretenen
Werte waren noch nicht diskreditiert durch das Scheitern der jeweiligen
Systeme. Aus dieser Stärke heraus hätten sie den deutschen Widerstand in jedem
Fall gebrochen. Notfalls wie bei den Japanern mit der Atombombe. Heute werfen
die Amerikaner keine Atombombe mehr. Das ist erfreulich, aber es unterbleibt
nicht aus Humanität, sondern aus Schwäche. Die historische Selbstgewißheit ist
nicht mehr so groß, daß jedes Opfer in Kauf genommen wird. Man hat Angst vor
der Weltöffentlichkeit. Die Weltöffentlichkeit protestiert gegen das Vorgehen
der USA. WEIL MAN DEM LAND SEINE MISSION NICHT MEHR ABNIMMT. Schon im
Vietnam-Krieg waren die Proteste ein Grund für den Abbruch. So gewinnt man
keinen Krieg gegen entschlossene und opferbereite Völker. Die Amerikaner
greifen zwar noch ein, aber sie greifen nicht mehr durch. Ein ähnliches
Verhalten konnte man beim Niedergang der Sowjetunion beobachten. Es gab –
anders als befürchtet – keine russischen Panzer, die in Polen oder in Leipzig
einrückten. Anders als noch zu Zeiten des Prager Frühlings. Und schließlich
erkor sich der Apparat mit Gorbatschow seinen eigenen Totengräber.
Es ist nicht so sehr die Stärke des
Islam, sondern die Schwäche des Westens, die zur Niederlage führte. Unter
aktuellen Voraussetzungen hätte Deutschland den Krieg nicht verloren. Aber
damals hatten die „Supermächte“ noch eine Zukunft vor sich und entsprechend
waren sie motiviert. Für Deutschland kam der Krieg zu früh, aber warten hätte
das gleiche Ergebnis gehabt. Das Experiment Nationalsozialismus war auf Grund
der historischen Lage zum Scheitern verurteilt. Heute sieht diese Lage anders
aus.
Was hat im Fall Afghanistans
„Bolschewismus und Plutokratie“ zu Fall gebracht? Der Zeitungsartikel nimmt an:
„Die Illusion bestand in einem naiven
Materialismus, der von der Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine
demokratische Kultur und von dieser auch gleich Pluralismus, Toleranz und
aufgeklärte Religion erwartet.“ Ob es sich beim Materialismus nur um eine dumme
Illusion handelt, ist die Frage. Haben sich denn die Lebensverhältnisse in
Afghanistan bislang durchgreifend gebessert? Gibt es dort einen Wohlstand wie
im Westen oder wenigstens Sicherheit wie im Osten? Mitnichten. Es könnte sehr
wohl sein, daß die Gleichung stimmt: Wenn ein steigender Wohlstand garantiert
werden kann, dann werden die Menschen auch tolerant und liberal. Nur war der
Osten nicht imstande, diesen Wohlstand herzustellen. Und der Westen ist es auch
nicht mehr. Schon wegen der Ressourcenknappheit ist nicht damit zu rechnen, daß
es in Afghanistan in ein paar Jahren so aussieht wie in Kalifornien. Eher
verwandelt sich noch Kalifornien in eine Elektroschrotthalde. Unsere
amerikanischen Besatzungsmächte sind noch in der Lage gewesen, in kurzer Zeit
ein „Wirtschaftswunder“ auf den Weg zu bringen. Da fiel es keinem Deutschen
ein, sich zum Nationalsozialismus zurückzusehnen. Doch hätten zehn Jahre nach
dem Einmarsch in Deutschland immer noch Hunger, Krankheiten und Unordnung
geherrscht hätte, dann hätte die Stimmung anders ausgesehen.
Der Grund für die Schwäche des
Westens ist die Krise der Wirtschaft und die Unfähigkeit, weiterhin Wohlstand
zu schaffen. Und der Grund für das Scheitern des Kommunismus war der bleibende
Mangel. Die MATERIALISTEN können nur am MATERIELLEN scheitern. Es hat keinen
Sinn, Linken und Liberalen irgendwelche Ideale entgegenzuhalten. Erst wenn die materiellen
Versprechungen geplatzt sind, entsteht wieder Raum für geistige Konzepte.
Dieser Raum ist in den letzten Jahrzehnten größer geworden. Deshalb kehrt auch
die Religion wieder. Die Frage ist aber, ob der Islam auch nur annähernd in der
Lage ist, das geistige Vakuum zu füllen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen