Samstag, 9. Juni 2012

Deutsche Kinder

In der Reihe „Zeitungszeugen“ erscheinen regelmäßig Nachdrucke aus deutschen Zeitungen der Jahre 1933 bis 45. Die Blätter sind jeweils unter einem Thema zusammengestellt und von einem historischen Kommentar umgeben. Anfangs gab es dazu Nachdrucke nationalsozialistischer Plakate in Hochglanz, doch das ist wohl inzwischen zu teuer oder zu gefährlich geworden.

Trotzdem sind die „Zeitungszeugen“ sehr lesenswert. Immer wieder stößt man auf Aussagen, die vom gängigen NS-Klischee befremdlich abweichen, aber den Vorteil haben, authentisch zu sein.
Wer hätte zum Beispiel gedacht, daß im NS-Staat eine „beispiellose Geburtenverhinderung“ stattfand? Heute hört man immer nur von dem Bestreben, von jeder deutschen Frau mindestens vier Kinder zu gewinnen, und von der Erfindung der „Mutterkreuze“. Das paßt schlecht zu den 400 000 Sterilisationen, die auf staatlichen Druck zwischen 34 und 45 vorgenommen wurden. Und das sollte erst der Anfang sein.
„So wie die Dinge liegen, ist nur noch eine Minderheit von Volksgenossen so beschaffen, daß ihre unbeschränkte Fortpflanzung wertvoll für die Rasse ist“,
so erklärte Fritz Lenz, Professor für Erblehre in Berlin 1934.
Fritz Lenz (1887- 1976)


Nur eine Minderheit sollte sich fortpflanzen, und zwar die genetisch Wertvollen. Die nach ihrem Sozialverhalten sowie dem äußeren Erscheinungsbild als wertlos beurteilten „Volksgenossen“, sollten hingegen unfruchtbar gemacht werden – notfalls durch Zwang. Zwar gelangte diese Auffassung nur ansatzweise zur Durchführung, doch entspricht sie der NS-Ideologie deutlich besser als die wahllose Förderung von Geburten nach dem einzigen Kriterium der deutschen Abstammung.
Die Beweislast in der Bevölkerungspolitik wird damit umgekehrt. Nicht wer keine Kinder hat, muß sich dafür vor dem Volk rechtfertigen, sondern wer es wagt, Kinder zu produzieren, muß sich nach seiner eigenen Beschaffenheit und seinen Verdiensten fragen lassen. Zunächst klingt das, als ob der – damals schon zurückgehende – Kinderwunsch durch eine solche Voraussetzung noch mehr schwinden würde. Doch das Gegenteil könnte auf die Dauer der Fall sein. Wenn Kinder nur einer Minderheit – also einer Elite – erlaubt sind, werden sie zum höchsten Statussymbol, anstatt wie jetzt das Kennzeichen asozialer Verhältnisse zu sein.
Kinder sind kein Spaß, sondern Ernst
Auf dem Sender Phoenix war neulich eine Dokumentation über einen amerikanischen Staatsbürger zu sehen, der sich die Freiheit nimmt, eine private „Menschenzucht“ zu betreiben. Er erfüllt ausgesuchten Frauen ihren Kinderwunsch, indem er sie mit dem Samen hochqualifizierter Männer befruchtet. Er schreibt diese Männer, deren Namen er Wissenschaftsmagazinen und Firmenpublikationen entnimmt, gezielt an und bittet sie um ihre „Spende“. Bei den meisten stößt die Anfrage auf sofortige Zustimmung. Die Alpha-Männchen fühlen sich geschmeichelt, wenn sie für die Fortpflanzung gezielt ausgesucht werden. Auch Frauen finden sich für dieses Experiment offenbar genügend. Es ist einfach spannender, ein Kind zu bekommen, wenn damit eine besondere Mission verbunden ist. Die „Produkte“, die in der Sendung vorgestellt wurden, sind inzwischen im Teenager-Alter. Die meisten davon beginnen bereits, die in sie gesetzten Hoffnungen zu bestätigen.
Bedenklich ist bei solchen Ansätzen nur, daß das Auslese-Kriterium reichlich eindimensional ausfällt. Gezüchtet wird für den Arbeitsmarkt von heute und morgen, der mit Sicherheit mehr Hochbegabte fordert. Doch was ist mit den Fähigkeiten, die auch übermorgen noch tragfähig sind oder gar eine Perspektive in die Zukunft schaffen? Die Frage nach der „Rasse“, und was sie ausmacht, dürfte sich erst noch stellen.

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